Jungpferde bedürfen eines besonderen Trainings und besonderer Aufmerksamkeit sowie Einfühlungsvermögen. Hier ist Geduld gefragt und von oberster Priorität!
Ebenso spielt nicht nur die Ausbildung oder der Zeitpunkt des Trainings für das Jungpferd eine Rolle, sondern auch die gesamt Aufzucht. Idealerweise kann das Fohlen nach dem langsamen Absetzen von der Mutter in seiner gewohnten Herde mit gleichaltrigen und älteren Pferden verbleiben. Denn hier lernt es die wichtigsten Grundregeln des Sozialverhaltens, was generell das Training später vereinfachen kann.
Ich bin der Meinung, dass Jungpferde in Deutschland leider oft viel zu früh eingeritten werden. Das hat natürlich finanzielle Gründe, jedoch ist ein zu frühes Belasten des Pferderückens sowie ein zu frühes Belasten der Beine, Bänder und Sehnen schädlich für die gesamt Entwicklung des Pferdes und kann später mit gesundheitlichen Problemen des Pferdes einhergehen. Ein Pferd ist im durchschnitt erst mit 6-7 Jahren ausgewachsen. D.h. so lange wachsen die Knochen und das gesamte Knochengerüst. Deshalb bedarf ein gutes Jungpferdetraining besonders viel Zeit und Geduld.
Am Anfang (in den erste 2-3 Jahren) muss das Jungpferd noch nicht viel Lernen, außer dem "Fohlen ABC" sowie ein paar Grundregeln verstehen: Nicht treten, nicht beißen, nicht schubsen/rempeln. Zum so genannten "Fohlen ABC" gehört in erster Linie Halfter tragen, sich von der Weide führen lassen, Hufe geben und sich anfassen sowie putzen lassen. Dies sollte alles möglichst stressfrei gehen, damit im Ernstfall sich das Jungpferd auch medizinisch behandeln lassen kann.
Wann dann mit dem weiteren Training begonnen werden kann, muss individuell geschaut werden. Jedes Pferd ist anders und so gibt es auch unterschiedliche Entwicklungsstände. Neben dem genannten Fohlen ABC kann (je nach Pferd) ab etwa 3 Jahren langsam mit dem Training begonnen werden, am besten vom Boden aus. Die absolute Basis bildet das Führen, das immer weiter verfeinert werden sollte: Losgehen, Anhalten, Tempounterschiede, Rückwärts richten (2-3 Schritte genügen am Anfang), Hinter- und Vorhand weichen lassen sowie Spazieren gehen. Wenn das funktioniert, können diese Übungen auch nach und nach aus der Distanz abgefragt werden. In der Umsetzung oft schwierig jedoch ideal ist, wenn man die Möglichkeit hat, das Jungpferd als Handpferd mit einem erfahrenen Führpferd mit ins Gelände zu nehmen. So kann es auf geraden Strecken auch einmal traben und galoppieren. Es ist nämlich noch sehr schwer für junge Pferde, sich in höheren Gangarten auszubalancieren. Das liegt vor allem auch am stetigen Wachstum und der damit einhergehenden stetigen Veränderung seines Körpers.
Wenn das Pferd körperlich so weit ist, kann mit der Longenarbeit begonnen werden und großen Wendungen abgefragt werden. Ebenso ist die gymnastizierende Arbeit an der Hand zu empfehlen, um die notwendige Muskulatur für das spätere Reitpferd schonend aufzubauen. Hat das Pferd gelernt, sich an der Longe sowie an der Hand taktvoll und gleichmäßig zu bewegen und hat es genügend Muskulatur aufgebaut, kann es allmählich an Gewicht auf dem Rücken gewöhnt werden. Die sollte ebenso behutsam aufgebaut werden.
Ganz wichtig beim Einreiten von Jungpferden ist, dass sie ihre Balance unter dem Reitergewicht finden. Hierzu sollte so wenig wie möglich über Hand oder Bein am Pferd herum gedrückt und gezogen werden. Das Pferd muss den Kopf als Balancierstange nutzen können. Das Tempo wird zu Beginn möglichst weder forciert, noch zu stark gebremst, damit das Pferd seine freie Vorwärtsbewegung nicht verliert. Die wichtigsten Kommandos unter dem Reiter sind zu diesem Zeitpunkt: Anhalten, Anreiten und Lenken. Auch hier ist es empfehlenswert, wenn man man die Möglichkeit hat als Handpferd ins Gelände zu gehen, damit das Pferd lernt das Gewicht des Reiters auf gerader Strecke zu tragen und so seine Balance findet.
Wichtig: erst, wenn das Pferd sich und ausbalanciert im Schritt ist, kann mit den schnelleren Gangarten behutsam und vorsichtig begonnen werden.
Jungpferdeausbildung benötigt Zeit! Ich bin kein Freund davon, ein rohes Pferd für wenige Monate in Beritt zu geben und ein fertig eingerittenes Pferd abzuholen. In dieser Zeit bleibt meistens etwas auf der Strecke, was evtl. später zu großen Problemen führen kann. Denn jedes Pferd ist anders und individuell und benötigt unterschiedlich lang Zeit, um Neues zu lernen und zu verarbeiten. Ebenso finde ich es wichtig immer auch mit den Besitzer:innen zusammenzuarbeiten, da sie es sind, die mit dem Pferd weiter zusammen sind und arbeiten.
Je mehr Zeit und Geduld man in die Jungpferdeausbildung steckt, desto erfolgversprechender wird die weiterführende Ausbildung (vielleicht sogar bis zur Hohen Schule) sein und deutlich weniger Zeit in Anspruch nehmen, da das Pferd von Beginn an verstanden hat, was von ihm verlangt wird und sein Körper die Zeit hatte, sich an die Herausforderungen anzupassen.
Zeit und Geduld sind somit für mich die Basis für eine gute und gesunde Jungpferdeausbildung.